Kommunikation im Betrieb – das ist der Untersuchungsschwerpunkt der von der VolkswagenStiftung geförderten Studiengruppe, die am vergangenen Wochenende erstmals im Deutschen Institut für Erwachsenenbildung (DIE) in Bonn zusammentraf. Ziel der Gruppe ist es, Konzepte und Instrumente zur Untersuchung kommunikativer Bedarfe und Bedürfnisse in betrieblichen Zusammenhängen zu entwickeln, um bedarfsgerechte Zweitsprachförderangebote für Migrant/inn/en zu schaffen.

Die international besetzte Studiengruppe „Deutsch am Arbeitsplatz“ entwickelt Kriterien zur Evaluation und Weiterentwicklung berufs- und arbeitsplatzbezogener Zweitsprachförderangebote und formuliert Empfehlungen für die Gestaltung entsprechender Programme für beschäftigte und Arbeit suchende Migrant/inn/en. Damit sollen Beschäftigungsfähigkeit und Weiterqualifikation speziell dieser Personengruppen verbessert werden. Gleichzeitig leistet das Projekt einen Beitrag, um die Qualität der Kommunikation im gesamten Betrieb zu erhöhen. Ein Schwerpunkt des Forschungsvorhabens liegt in der Entwicklung eines Instrumentariums zur organisationsbezogenen Kommunikationsanalyse (OKA), welches Bildungsanbieter bzw. Betriebe einsetzen können, um vor Ort kommunikative Anforderungen und Bedarfe ermitteln und beschreiben zu können. In Übereinstimmung mit der Förderinitiative der VolkswagenStiftung „Zukunftsfragen der Gesellschaft“ initiiert und koordiniert das DIE die Zusammenarbeit von Forschung und Praxis. Weitere Mitglieder der Studiengruppe arbeiten sind Institut für Auslandsgermanistik/ Deutsch als Fremd- und Zweitsprache der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Prof. Dr. Hermann Funk, die Henkel KGaA Düsseldorf, die Volkshochschule Arbeit und Beruf Braunschweig und die Volkshochschule Ottakring aus Wien. Darüber hinaus unterstützen der Gesprächforscher Dr. Martin Hartung sowie Expert/inn/en auf dem Gebiet der Zweitsprachförderung im betrieblichen Kontext Andreas Klepp und Petra Szablewski-Cavus das Projekt. Hintergrund des Vorhabens ist der Widerspruch zwischen der allseits geforderten kommunikativen Kompetenz von Migrant/inn/en als berufliche Schlüsselqualifikation und dem Mangel an empirisch fundierten Daten zur Beschreibung betrieblicher und arbeitsplatzbezogener Kommunikation auf der anderen Seite. Um Grundlage hierfür zu schaffen, dokumentiert und analysiert die Studiengruppe empirisch ermittelte Gespräche am Arbeitsplatz und die dazugehörigen schriftlichen Texte an beispielhaft ausgewählten Branchen. Im ersten Treffen galt es in erster Linie alle für das Projekt relevanten Erfahrungen aus Sicht der jeweiligen Studiengruppenmitglieder zusammenzutragen: Von Kommunikationsberatung und -training von Dr. Hartung und der innerbetrieblichen Sprachförderung der Henkel KGaA für Führungskräfte aus dem Ausland, bis hin zum berufs- und arbeitsplatzbezogenen Unterricht „Deutsch als Zweitsprache“ der Volkshochschulen, der sich vorwiegend an gering Qualifizierte wendet. Matilde Grünhage-Monetti, Mitarbeiterin am DIE und Leiterin der Projektgruppe, stellte zugleich die bisherigen Forschungen und Ergebnisse des Instituts zum Thema vor. Unterstützt wurde sie dabei von ihrem Kollegen Dr. Jens Friebe. Mit der Devise „das Normale ist das Missverstehen“ plädierte er dafür, Mehrsprachigkeit als Ressource zu erkennen, da gerade das Leben und Lernen in einer fremden Sprache einen routinierten Umgang mit Missverstehen verinnerliche. Diese meist unreflektierte Fähigkeit sollte durch Bewusstmachung und gezielter Förderung in beruflichen Kontexten nutzbar gemacht werden, z.B. im Pflegebereich in der Kommunikation mit an Aphasie oder Demenz erkrankten Patienten. Trotz heterogener Erfahrungen mit den konkreten Ausgestaltungsformen von Integrationsprozessen in berufliche und weitere soziale Kontexte, zeigte sich große Übereinstimmung in den Ansätzen und Erkenntnissen. Einig waren sich die Teilnehmer beispielsweise darin, dass eine an die Bedarfe und Bedürfnisse der Beschäftigten und der Arbeitgeber angepasste Veränderung der Kommunikation am Arbeitsplatz, häufig auch eine Umgestaltung der organisatorischen Rahmenbedingungen nach sich ziehen würde. Ein Aspekt, dem sich womöglich viele Organisationen verwehren könnten. Überhaupt, so die Studiengruppe, scheinen oft die betrieblichen Rahmenbedingungen nicht mit den kommunikativen Bedürfnissen einherzugehen.

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