Bonn/Chemnitz, 8.10.2012. „Erwachsenenbildung im Spannungsfeld von Wissenschaft, Politik und Praxis“ – unter diesem Motto stand die Jahrestagung der Sektion Erwachsenenbildung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (DGfE) vom 27. bis zum 29.9.2012. Sie wurde in diesem Jahr gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Erwachsenenbildung – Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen (DIE) in Bonn organisiert und erreichte 180 Teilnehmende aus dem In- und Ausland vornehmlich aus der Wissenschaft, aber auch aus der Praxis und der Politik.

Das Tagungsthema verkörpert einen für die Erwachsenenbildung konstitutiven Zustand und im Besonderen auch für die Position des DIE als intermediäre Einrichtung mit der Funktion, als Mittler, Impulsgeber und Unterstützer für alle drei genannten Bereiche zu arbeiten. Der neue Wissenschaftliche Direktor des DIE, Prof. Dr. Josef Schrader, verdeutlichte in seiner grundlegenden Positionsbestimmung die damit verbundene Herausforderung für das Institut. Vor dem Hintergrund der letzten Evaluation des DIE skizzierte er die Grundzüge eines Forschungs- und Entwicklungskonzepts, das sich an gesellschaftlicher Relevanz und wissenschaftlicher Fundierung zugleich orientiert. Dieses Konzept einer anwendungsrelevanten Grundlagenforschung ziele auf wissenschaftlich fundierte Entwicklung der Weiterbildungspraxis („theoria cum praxi“), könne die Grundlagen bilden für eine institutsübergreifende, theoretisch fundierte und konsistente Forschungsstrategie, erhöhe die Chancen auf DFG-Mittel und national wie international sichtbare und referierte Publikationen. Ergänzend zu dieser Positionierung erfolgte im Hauptvortrag von Prof. Dr. Wiltrud Gieseke (Humboldt-Universität zu Berlin) eine grundsätzliche Auseinandersetzung um die Frage der Sichtbarkeit und Wirksamkeit von Erwachsenen- und Weiterbildung zwischen Forschungsmöglichkeiten und Bildungspolitik. Darin stellte sie vielfältige, auch kritische Fragen z.B. nach dem Verbleib bzw. der Einbindung bestehender Forschungsbefunde, nach der Positionierung der Teildisziplin gegenüber bildungspolitischen Forderungen oder nach der gesellschafts-, sozial- wie professionspolitischen Verantwortung der Erwachsenenbildung. Im Anschluss an diese Vorträge nahmen die Teilnehmenden der DGfE-Tagung die Gelegenheit wahr, das DIE zu begehen, um sich über die Arbeitsweise und die Arbeitsergebnisse des Hauses zu informieren. Dabei und auch im weiteren Verlauf der Tagung wurden viele potentielle Projekte erkennbar, die das DIE zusammen mit der universitären Weiterbildungswissenschaft und der Weiterbildungspraxis fortführen bzw. beginnen kann. Dieser Impuls und auch der weitere Verlauf der Tagung unterstrichen, dass der Begriff „Spannungsfeld“ im Tagungsthema durchaus passend gewählt war. Besonders in der von der Sektionsvorsitzenden Prof. Dr. Sabine Schmidt-Lauff (TU Chemnitz) geleiteten Podiumsdiskussion wurde dezidiert um eine Positionsbestimmung gerungen. Zentrale Fragen waren dabei die Rolle der Wissenschaft im politischen Diskurs, die Relevanz von quantitativ und qualitativ ausgerichteter Forschung, das kritische Potential der Wissenschaft und das Zusammenwirken mit der Praxis. Die Bündelung mancher Argumentationsstränge erreichte Jean-Paul Reeff vom Deutschen Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) mit seinem Vortrag über die PIAAC-Studie. Das Kürzel steht für “Programme for the International Assessment of Adult Competencies” und überschreibt eine OECD-Studie, die verkürzt als PISA für Erwachsene gekennzeichnet werden kann. Er betonte, dass solche Studien eine Art Schirm bilden für vielfältige weitergehende und vertiefende Forschungsaktivitäten, sicherzustellen sei aber – besonders am Anfang – die konzeptuelle und psychometrische Kopplung mit dem übergeordneten Programm. Schließlich würden Begleit- und Erweiterungsstudien nicht nur nationale Forschungsinteressen bedienen, sondern auch einflussreich sein können für den Zuschnitt der nächsten internationalen Großstudie. Der Ansatz, die einzelnen Potentiale und Interessen zu bündeln und einen Forschungsverbund zu initiieren, lieferte die konkrete Perspektive aus der Tagung.

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