Die 2009 gegründete erste staatlich anerkannte Weiterbildungsuniversität in Deutschland ist Ende Mai an die Steinbeis-Gruppe verkauft worden, unbestätigten Berichten zufolge für den symbolischen Preis von einem Euro. Damit ist die bisherige Trägerstruktur der DUW aus der Freien Universität Berlin (FU) als wissenschaftlichem Partner und der Klett-Gruppe als privatem Gesellschafter aufgegeben. Zielgruppe der Bildungseinrichtung waren Berufstätige, die an der Universität nebenberuflich gegen Gebühr studierten. Steht die DUW, die als ehrgeiziges Projekt mit je fünf Millionen Euro Starthilfe der Partner vor vier Jahren gestartet ist, vor einem Scherbenhaufen? Die Präsidentin der DUW, Prof. Dr. Ada Pellert, sprach im Interview mit Dr. Peter Brandt, Redaktionsleiter der DIE Zeitschrift, über die Zukunft der Deutschen Universität für Weiterbildung.

DIE: Die DUW hat jetzt bestätigt, was Medien bereits vor einigen Wochen mutmaßten: Die DUW ist an die Steinbeis-Gruppe verkauft worden. Können Sie das zukünftige Profil schon in Umrissen skizzieren? Werden Sie sich weiter Universität nennen? Pellert: Wir werden ein universitäres Profil in dem Sinne bewahren, dass wir Teil einer promotionsberechtigten Hochschule werden. Die Grundphilosophie der DUW, berufsbegleitende weiterbildende Masterstudiengänge auf universitärem Niveau anzubieten und diese Lehraufgaben mit Forschung zu verknüpfen, wird von Steinbeis geteilt. Außerdem haben wir in den letzten Jahren einige Unternehmenskooperationen aufgebaut. Daher haben wir nach einem Partner Ausschau gehalten, wo dieses Umfeld gut aufgehoben ist. DIE: Es soll insgesamt mehr Nähe zum arbeitsplatzbezogenen Lernen hergestellt werden. Pellert: Die Steinbeis-Hochschule ist seit vielen Jahren an der Schnittstelle von Theorie und Praxis unterwegs und verfügt gerade hier über vielfältige Kontakte und bietet somit günstige Bedingungen für uns. Da gibt es 6.000 Studierende, eine Stiftung dahinter und Transfer-Institute. DIE: Wird sich Ihr Angebot stärker in Richtung kurzfristiger modularer Angebote verändern, deren Inhalte Betriebe vorgeben? Wird der Anteil der Masterstudiengänge geringer sein? Pellert: Nein, was gut funktioniert hat, war das Konzept eines modularisierten Programms, das sich zu Studien akkumulieren lässt; das ist das, was Berufstätige benötigen. Diese Strategie werden wir auch weiter verfolgen. DIE: Welche Konsequenzen ergeben sich für Ihr Personal, die Lehrenden und die Studierenden? Pellert: Für die eingeschriebenen Studierenden ändert sich nichts. Sie können in der Regelstudienzeit ihr Studium zu Ende bringen. Neubewerber werden sich voraussichtlich zum Herbst 2013 zu den Bedingungen des neuen Trägers einschreiben können. Mehr kann ich zur Zeit nicht sagen. Der Punkt ist: Die eigenständige Hochschule ist die langfristigste und teuerste Organisationsform überhaupt. Das ist schwierig, und der damit einhergehende Aufwand lässt sich reduzieren. Das Studienformat an sich stellt keiner in Abrede und das werden wir auch weiterführen. DIE: In einem Brief an die DUW-Community beschreiben Sie die Veränderung als »im Einvernehmen mit den bisherigen Trägern … gezielt vom DUW-Präsidium vorangetrieben«. Da klingt durch, dass sowohl FU als auch Klett nicht mehr in der bisherigen Form unterstützen wollten. Pellert: Die beiden bisherigen Träger sehen die DUW nicht als Flop. Natürlich hatten wir zu Beginn viel ehrgeizigere Pläne. Mehr Studierende hatten es sein sollen; dies hätte mehr fest angestellte Professoren und damit auch ein größeres Leistungsspektrum möglich gemacht. Beiden Trägern ist in den letzten Jahren bewusst geworden, dass sie die Konsequenzen des Aufbaus einer eigenständigen Universität am Anfang unterschätzt haben. Die FU würde jetzt vielleicht keine private Universität mehr auf den Weg bringen wollen und die Klett Gruppe sieht, dass die Forschungsbasierung einer Universität spezifische Anforderungen mit sich bringt. So war es ein konsensualer Schritt, dass man sich nach einer veränderten Trägerstruktur umgesehen hat, in der eine neue Phase der DUW eingeläutet werden kann. DIE: Mit der DUW ist ein Prototyp einer ambitionierten Organisationsform wissenschaftlicher Weiterbildung betrieben worden: auf universitärem Niveau und getragen von einer Public Private Partnership zwischen einer starken Universität und einem potenten Partner aus dem Bildungsmarkt. Ist dieses Modell insgesamt als nicht genügend tragfähig anzusehen? Pellert: Die Struktur hat uns erlaubt, uns in einer Mitte zwischen dem Referenzsystem Wissenschaft auf der einen Seite und dem Bildungsmarkt mit seinem ganz praktischen, auch von Betrieben artikulierten Weiterbildungsbedarf auf der anderen Seite zu verorten und die Unterschiede zu verknüpfen. Aber man sollte die Hürden einer solchen Public Private Partnership nicht unterschätzen. Das sind unterschiedliche Welten, die sich treffen und damit unterschiedliche Erwartungen auslösen. DIE: Hat die FU zu hohe Erwartungen an Sie gerichtet hinsichtlich der Forschungsleistung? Pellert: Als eigenständige Universität müssen wir ja die Forschungsleistungen alleine abbilden. Und das parallel zum Aufbau von Studienstrukturen in drei Jahren. Mit mehr Professuren hätten wir die diesbezüglichen Erwartungen sicher anders erfüllen können. DIE: Gab es nach dem Weggang von Prof. Dieter Lenzen als FU-Präsident einen Sinneswandel zum Fortbestand der Trägerschaft? Pellert: Für den Aufbau einer Institution wie der DUW braucht es einen sehr langen Atem. Und dieser lange Atem wird immer auch in bestimmten Personalkonstellationen aufgebracht. Im Übrigen gab es Personalveränderungen bei beiden Trägern. DIE: Welchen Anteil hat das Studienangebot des Departments Bildung am Ergebnis der DUW? Pellert: Grundsätzlich haben es weiterbildende Masterstudiengänge schwer in Deutschland. Hier überwiegt immer noch der konsekutive Master. Bologna ist noch nicht richtig angekommen. Der Master Bildungs- und Kompetenzmanagement war aber auch nicht schlechter nachgefragt als andere Master und wir haben sehr erfolgreiche Absolventen. Am stärksten nachgefragt sind bei uns – wie bei vielen anderen Einrichtungen – die MBA-Programme. DIE: In Berlin gibt es Angebote von 28 privaten Hochschulen. Ist die Konkurrenz in der Stadt größer als zunächst eingeschätzt? Pellert: Ja, das ist eine lebendige Szene und auch eine besondere Herausforderung. Wobei wir mit Kontakten in betriebliche Kontexte schon ein gutes Standbein haben; ich bin optimistisch, dass wir dies im Rahmen der geplanten neuen Trägerschaft gut weiter besetzen könnten. DIE: Mit der Übernahme durch Steinbeis werden sich die Referenzsysteme Ihrer Arbeit ändern. Wie kann das Proprium der DUW, »Universität der Weiterbildung« sein zu wollen, im Kontext des neuen Trägers bestehen? Pellert: Wir werden weiter auf das Profilmerkmal berufsbegleitender weiterbildender Studiengänge auf Universitätsniveau setzen und versuchen, akademische Qualitätsansprüche und Forschungsbasierung mit betrieblichen Anforderungen zu verknüpfen. Da tue ich mich leichter in einem Umfeld, das sehr nahe an den betrieblichen Anforderungen agiert. DIE: Unter einer Beobachterperspektive erscheint gerade das schwieriger, da Sie ja näher an die Marktseite rücken werden. Pellert: Wir haben das sorgfältig bedacht. Eine Selbstreflexion hat ergeben, dass für uns die Nähe zur betrieblichen Weiterbildung existentiell ist. Bei der heutigen Situation brauchen wir Partner auf der Arbeitgeberseite, die die akademische Weiterqualifizierung ihrer Mitarbeiter unterstützen, damit das Studium keine private Einzelinvestition bleibt. Und wir wissen, dass Arbeitgeber einen hochschulischen Partner für die betriebliche Weiterbildung wollen. Im Steinbeis-Kontext haben wir diesen Zugang und werden uns auch weiterhin bemühen unseren Forschungsanspruch zu erfüllen – egal, ob wir nun eine eigenständige Universität sind oder Teil eines größeren Ganzen. Reden wir in zwei Jahren darüber, was aus der DUW geworden ist! DIE: Darauf komme ich gerne zurück. Vielen Dank und viel Glück für die Zukunft der DUW.

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