Was macht die Qualität eines guten Lernprogramms aus? Die Texte auf den Umschlaghüllen der CD-ROMs versprechen viel. Wie kann man erkennen, ob diese Versprechen auch wirklich eingelöst werden? Da wird z.B. mit Spracherkennung und Aussprachetraining geworben. Wie soll der fachdidaktische Laie beurteilen, ob diese Übungen auch wirklich zum Ziel führen?

Multimedialität Machen viele bunte Bilder und Filmsequenzen und/oder Ton neben dem schriftlich Fixierten ein gutes Lernprogramm aus? Sicher gilt nicht die einfache Formel: „Je mehr Bilder und Filme, desto besser“, denn der Medieneinsatz muss begründet sein: Sprache muss in ihrem sozialen und kulturellen Kontext dargestellt werden, Mimik und Gestik müssen erkennbar sein. In einigen Programmen sieht man „Talking Heads“ in Daumennagelgröße – aber nichts von dem Genannten wird geleistet. Interaktivität ist das zentrale Kriterium bei Sprachlernprogrammen. Darunter versteht man das Hin und Her zwischen Aufgabenstellung und Reaktion des Lernenden: Die Rückmeldung, ob etwas richtig oder falsch ist bzw. Hinweise, warum etwas falsch oder etwas anderes besser ist. Voraussetzung für eine derartig hohe Differenzierung der Rückmeldungen ist eine entsprechend aufwändige Programmierung, die allerdings nicht unmittelbar sichtbar ist. Bunte Bilder und Filmstrips sind da werbewirksamer und weniger mühsam. Eins der besten z.Zt. auf dem Markt befindlichen Programme (Eurolingua D1, Cornelsen) hat für ein „Multimedia“-Programm überraschend wenig visuelle Elemente. Seine Stärke liegt im durchdachten didaktischen Konzept. Schlechte Programme geben selbst dann eine Falschmeldung, wenn alles richtig ist, aber der Punkt am Ende des Satzes vergessen wurde. Gute Programme geben Erklärungen und leiten den Lerner zur richtigen Antwort, indem sie nicht gleich „richtig“/“falsch“ rückmelden, sondern auf eine Lösung hinweisen. Hypermedialität Bereits vor ca. 20 Jahren gab es den Ansatz des „programmierten Lernens“ – allerdings auf herkömmliche Weise in gedruckter Form. Das bedeutete natürlich, dass die Programme linear aufgebaut waren: Man arbeitete die Aufgaben der Reihe nach ab. Das Anbieten verschiedener Einstiege und Lösungswege – ein hypermediales Programm also – ist erst mit dem Computer möglich geworden. Kooperativität Entgegen einer nicht unüblichen Einstellung zufolge bedeutet Lernen mit dem Computer nicht automatisch soziale Vereinsamung. Die Arbeit mit einem Lernprogramm kann sehr wohl zu zweit (oder zu dritt) erfolgen; denn das gemeinsame Suchen nach Lösungen bringt oft mehr an Lernleistung als die eigentliche Lösung. Der Vielzahl tutorieller Programme (auf die sich das Gesagte in erster Linie bezieht) stehen vergleichsweise wenige Simulationsprogramme (wie z. Bsp. „Mean City“ vom Klett Verlag) gegenüber. Sie haben ausdrücklich das Sprachlernen zum Ziel und bereiten viel Vergnügen beim Lernen. Aber sie erfordern auch viel Zeit und Geduld – was nicht jeder aufbringen kann. Sie eignen sich auch nicht zum systematischen Lernen einer Sprache von Null an. Aber sie sind gut geeignet für situatives Sprachtraining oder für das Auffrischen von Sprachkenntnissen. Und, sie taugen vorzüglich für bestimmte Lernbereiche wie z.B. Wortschatz und Grammatik. Als Vorstufen für die freie Kommunikation sind sie also geeignet, erreichen diese aber nicht aus eigener Kraft. Dafür ist das Miteinanderlernen in angeleiteten Gruppen noch immer der beste Weg. Eine Kombination aus beiden wird die Zukunft sein. Auch deutet sich eine Verschmelzung von CD-ROM und Internet an: Mit einigen Programmen wird man zu wichtigen und interessanten Seiten im Internet geführt – und damit zu authentischen Textquellen und „echter“ Kommunikation. Um die Qualität von Sprachlernprogrammen gerade auch vor dem didaktischen Hintergrund richtig beurteilen zu können, muss man wissen, wie das Sprachenlernen funktioniert – man ist also auf Fachleute angewiesen. Da die meisten sinnvollen Bewertungen jedoch von Fachleuten für Fachleute sind, ist es unmittelbar einleuchtend, dass diese Beurteilungen für den Endnutzer, also für den Lerner selbst, kaum verständlich sind. Auch ist der Großteil der Sprachdozenten noch immer kaum mit den Neuen Medien vertraut. Bei Beurteilungen, die sich explizit an die Lerner selbst richten, wird das Kernkriterium der Interaktivität und der didaktische ‚state of the art’ oft nicht angemessen berücksichtigt. Ausgewählte Internetadressen zu Sprachenlernprogrammen Talkfast http://www.talkfast.com/ Lernsoftware http://www.lernsoftware.de/katalog/lernsoftware/lernsoftware.htm. (Dort kann man auch gleich bestellen. In Büchereien etc. finden Sie meist nur ein beschränktes Angebot.) Mehr über Lernen mit neuen Medien erfahren Sie bei der Universität Essen http://www.uni-essen.de/~lan501/eurocall.htm. Beurteilungen zu Sprachlernsoftware Nachtclub http://www.nachtclub.org Computerchannel http://www.computerchannel.de/test/software/database/produkte.phtml?prot=SW_INHALT&katid=35 in englisch University of Berkeley http://www-writing.berkeley.edu/chorus/call/reviews.html University of Hall http://www.ulh.ac.uk/ls/language/cdrom.htm Gerhard von der Handt ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Erwachsenenbildung. Weitere Informationen: Christine Schumann, Öffentlichkeitsarbeit, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung, Hansaallee 150, 60320 Frankfurt/Main, Fon 069/95626-177, Fax 069/95626-174, E-Mail schumann@die-frankfurt.de

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