Zum Tode von André Schlaefli
Ein Nachruf von Ekkehard Nuissl
Völlig überraschend ist André Schlaefli am 22. November 2025 auf Zypern im Alter von 75 Jahren verstorben, die gravierenden Folgen eines Vorfalls an Herz und Kreislauf konnten auch in einer Notoperation nicht mehr aufgehalten werden. Nicht nur für seine Familie, auch für seine vielen Freunde und Kollegen bedeutet sein Tod einen schweren Verlust.
André war Schweizer mit Leib und Seele, geboren in der französisch sprechenden Westschweiz, beruflich hauptsächlich im Kanton Zürich wirkend. Über insbesondere die deutschen Nachbarn pflegte er zu sagen: „sie verstehen die Schweiz nicht“, wenn es um politische Ziele und Grundsätze, Finanzen und Kooperationen, Abstimmungen und Entscheidungen ging. Er verstand die Schweiz sehr wohl, sein über 25-jähriges Wirken für die SVEB, den Schweizer Verband für Weiterbildung, legt davon Zeugnis.
Als André 1991 die Leitung der SVEB übernahm (er hatte zuvor in Psychologie promoviert und längere Zeit bei Banken und in der Wirtschaft gearbeitet) stand er sogleich vor der Aufgabe, diesen Zusammenschluss einiger Schweizer Einrichtungen zu einer nationalen zentralen Organisation zu entwickeln. Dies gelang ihm durch beharrliche Arbeit, Überzeugung, Networking und Kooperation. Und natürlich durch seine Visionen, seinen Enthusiasmus und seine Resilienz, auch mit Rückschlägen umgehen zu können. Dass 2017 die Schweiz ein nationales Gesetz für die ganze Weiterbildung bekam, ist ganz wesentlich Andrés Verdienst.
Eine Rolle spielte dabei auch sein Engagement für die Professionalität in der Weiterbildung, das bereits früh zu Ergebnissen führte. So wurden in der Schweiz durch die SVEB die Quality labels adult education (1996) und das EduQua-Zertifikations- System (2000) eingeführt, heute im Ausland bewunderte Modelle für eine Professionalisierung des Bereichs. Damit platzierte er nicht nur die SVEB weiter als nationales Zentrum der Weiterbildung, sondern zog ein dichtes kooperativ gestütztes Netz der Qualität in der Weiterbildung ein.
André Schläfli wäre nicht er selbst, wenn er seinen Wirkungskreis auf die Schweiz beschränkt hätte. In den ersten Jahren, selbst noch relativ neu im Bereich der Weiterbildung, suchte er Anregungen, Impulse und Modelle auch im Ausland. Dies war bald mit zahlreichen internationalen Projekten verbunden, insbesondere solchen der Europäischen Union, und mit Mitgliedschaften und Mitarbeit in internationalen Gremien und Institutionen. In Deutschland war er lange Jahre Projektpartner des DIE und Mitglied in verschiedenen Gremien des Instituts. Auch in anderen europäischen Ländern pflegte er bilaterale Kooperationen, dabei immer die Balance als Vertreter des Nicht-EU-Landes Schweiz wahrend.
Sein Talent für die und sein Interesse an der Netzwerkarbeit ging aber weit darüber hinaus. So war André in den 1990er Jahren aktives Mitglied in der EAEA (European Association for Adult Education), in ERDI (Konsortium der europäischen Forschungs- und Entwicklungsinstitute), später dann auch im global aktiven ICAE (International Council for Adult Education). Oft war dabei auch seine Kompetenz aus seinen Tätigkeiten vor der Weiterbildungszeit gefragt, als „Treasurer“ und Planer.
Andrés herausragende Aktivitäten in der Weiterbildung wurden 2012 durch seine Aufnahme in die internationale „Hall of Fame“ (HoF) gewürdigt, die Zeremonie erfolgte in Vancouver, Kanada. Eine einfache Mitgliedschaft war jedoch nichts für André: in den Folgejahren war er aktiv in der Gestaltung einer europäischen Gliederung der Organisation (HoFE), aber auch als Chair der Gesamtorganisation. Sein Wirken hinterließ auch in dieser Organisation deutliche positive Spuren. André Schlaefli war zweifellos eine der wirkmächtigsten Personen im Aufbruch der Weiterbildung in Europa der 1990er und 2000er Jahre.
Der Rückzug aus diesem so außerordentlich intensiven beruflichen Leben war nicht leicht für André, auch nach seinem Retirement war er weiterhin national (vor allem im Zusammenhang mit der SVEB) und international in Projekten und als Berater aktiv. Vor allem aber entwickelte er – getragen von Familie und einem großen Freundeskreis – sein Faible für Sport weiter, Wandern, Schach und Golf etwa. Der Ort seines Todes hat auch mit letzterem zu tun: ein Golfturnier auf Zypern.
Freunde und Kollegen in der Schweiz, in Europa und weit darüber hinaus werden einen innovativen, anregenden und klugen Menschen vermissen, der Position bezog, sie auch kontrovers vertreten konnte, der immer interessiert, neugierig und fragend war. Und der zugewandt und warmherzig war.
Ekkehard Nuissl
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