Johannes Tews (1860-1937) war Dorfschullehrer und Autodidakt, und schon früh in der Lehrerfortbildung aktiv. Viele Jahre war er ehrenamtlicher Vorsitzender des Deutschen Lehrervereins. Er betrachtete Pädagogik und Andragogik als eine Einheit. Seit 1889 war er in der Gesellschaft zur Verbreitung der Volksbildung aktiv. Zunächst war er noch ehrenamtlicher Geschäftsführer, doch von 1904 bis 1933 übte er das Amt hauptamtlich aus. Er hatte damit zwei wichtige Funktionen: Einmal als langjähriger Vorsitzender des Dt. Lehrervereins und zweitens als Geschäftsführer der Gesellschaft für Volksbildung (GfV). Sein liberales Konzept von Volksbildung ist auch nur aus dieser Doppelfunktion heraus zu verstehen.

Im Rahmen seiner Lehrertätigkeit setzte er sich stark für eine umfassende, auf mehr Chancengleichheit basierende, Schulreform und für eine akademische Aufwertung des Volksschullehrerberufs ein. Er entwickelte das Konzept der „Einheitsschule“ (1906), das als historisches Vorbild für das Gesamtschulkonzept gilt, und unterstützte die Professionalisierung der Volksschullehrer durch verbesserte Ausbildungsmöglichkeiten an Pädagogischen Akademien.

Als Theoretiker der Erwachsenenbildung trat er für das Konzept der Selbstbildung ein, in dem das Bildungsangebot und die Bildungsmittel im Vordergrund standen, jedoch nicht die didaktisch vermittelte Aneignung.

In einem Rückblick auf 50 Jahre GfV beschreibt J. Tews dies folgenderweise: „der Zweck der Gesellschaft ist, der Bevölkerung Bildungsstoffe und Bildungsmittel zuzuführen, so liegt neben…der Schwerpunkt der Gesellschaftsarbeit auf der Beschaffung tatsächlicher Hilfsmittel für die Volksbildungsarbeit…“ (Tews 1931, 37)

Als Geschäftsführer der GfV koordinierte er: die Buchdistribution, die Vermarktung anderer Serviceleistungen wie Dia- und Filmverleih und die Organisation des Vortragswesens, des Wandertheaters und der geselligen Feste für die angeschlossenen Vereine.

Im sogenannten Richtungsstreit „alte“ versus „neue“ Richtung der Volksbildung, war er der Hauptrepräsentant der „alten Richtung“ und wurde insbesondere in den Publikationen von Robert von Erdberg angefeindet. Inhaltlich war die Auseinandersetzung in unterschiedlichen Auffassungen über die politische Neutralität während der Bildungsveranstaltungen sowie in der Auseinandersetzung zwischen extensiven- auf Vortrag basierenden - versus intensiven – auf Arbeitsgemeinschaften basierenden - Arbeitsformen begründet. In der Rezeption dieser Auseinandersetzung wurden die bildungstheoretischen Vorannahmen der unterschiedlichen Position eigentlich bis heute nicht angemessen dargestellt, sondern fast ausschließlich – Ausnahme ist H. Dräger (1981) – für die sog. „Neue Richtung“ Partei genommen. Dass das Prinzip der Arbeitsgemeinschaft wie es von der Neuen Richtung vertreten wurde, auch ganz stark auf elitäre und romantische Gemeinschaftsbildung einer, als besonders förderungswürdig angepriesenen, gesellschaftlichen Minderheit ausgerichtet war, wird dabei wenig berücksichtigt.

Die sog. „alte Richtung“ mit ihrem liberalen Selbstbildungsansatz, der die Wissensvermittlung und den geselligen Charakter von Volksbildung in den Vordergrund stellte, wurde in seiner andauernden bildungstheoretischen Bedeutung bis heute nicht systematisch untersucht. Dem stand unter anderem auch im Wege, dass die GfV mit dem obrigkeitsstaatlichen Nationalismus des Kaiserreichs infiziert war.

Andreas Pehnke (2011) dokumentiert sehr quellenreich J. Tews´ langjähriges Engagement im Verein zur Abwehr des Antisemitismus.

Verwandte Begriffe:

Erdberg, Robert von; „Richtungsstreit“; Gesellschaft für Volksbildung, Einheitsschule; „sog. Alte Richtung“; Vortragswesen;

Literatur:

Dräger, Horst (1981): Verdienst und Scheitern des Volkslehrers Johannes Tews, in: J. Tews. Geistespflege in der Volksgemeinschaft. Beiträge zur Förderung der Volksbildungsarbeit. Neudruck. Stuttgart

Pehnke, Andreas (Hrsg.) (2011): Johannes Tews (1860-1937). Vom fünfzehnjährigen Dorfschullehrer zum Repräsentanten des Deutschen Lehrervereins. Studien über den liberalen Bildungspolitiker, Sozialpädagogen, Erwachsenenbildner und Kämpfer gegen Antisemitismus. Beucha

Tews, Johannes (1921): 50 Jahre deutsche Volksbildungsarbeit. Festschrift zum 50jährigen Bestehen der Gesellschaft für Volksbildung. Berlin

Tews, Johannes (1931): Volk und Bildung. Berlin

Internetquellen:

Kurzbiografie Johannes Tews, unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Johannes_Tews

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Klaus Heuer