Die ersten Ansätze zur Gründung von Arbeiterbildungsvereinen lassen sich schon vor der 1848er Revolution belegen (z.B. in Hamburg). Ihre Mitglieder waren von Armut, Arbeitslosigkeit und sozialer Deklassierung bedrohte Handwerker, kleine Gewerbetreibende und Heimarbeitende. Sie suchten in den Vereinen nach Foren zur Selbstorganisation und Interessenartikulation. Mit der Unterdrückung der 1848er Revolution, besonders dem Organisationsverbot, und der schnellen Industrialisierung artikulierten sie sich immer stärker im Gegensatz zu bürgerlichen Bildungsvereinen und mit den spezifischen politischen und ökonomischen Interessen als Arbeiter. Elementarbildung, berufliche Bildung und politische Bildung wurden nebeneinander betrieben.

August Bebel (1840-1913) kann als ein Prototyp für die Gründer von Arbeiterbildungsvereinen und den Mitgliederinteressen gelten. Bestrebungen der Bildung zur „Klassenbildung“ und zum gesellschaftlichen Aufstieg galten parallel und wurden in den Anfängen konflikthaft ausgetragen. Diese Pole blieben ein andauerndes Thema. Besonders während der „Sozialistengesetze“ (1878-1890) erlebten die meist sozialdemokratischen Arbeiterbildungsvereine ihren massenhaften Aufschwung als wichtiger Teil der Arbeiterkulturbewegung.

Während der Weimarer Republik waren die Arbeiterbildungsvereine Teil eines ausdifferenzierten Arbeitervereinswesens und des Arbeitermilieus. Es gab Neugründungen im Bereich der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und der Kommunistischen Partei Deutschlands, aber auch eine Öffnung hin zu pluralistisch eingestellten Bildungseinrichtungen – wie den Volkshochschulen. Vorbildhaft hierfür war die Leipziger Volkshochschule oder auch die Heimvolkshochschule Sachsenburg. Hildegard Reisig und auch Gertrud Hermes entwickelten Ansätze einer Theorie der Arbeiterbildung.

Seit 1945 wird die Arbeiterbildung stark von der gewerkschaftlichen Bildungsarbeit und „Arbeit und Leben“, der institutionalisierten Zusammenarbeit von Gewerkschaften und Volkshochschulen im Bereich der politischen Bildung, bestimmt. Insbesondere Oskar Negt, Adolf Brock und auch Paul Röhrig entwickelten über einen spezifischen, an die „Klasse“ gebundenen, exemplarischen Lernbegriff die Theorie der Arbeiterbildung weiter.

Im Rahmen der Geschichte der Erwachsenenbildung haben die Arbeiterbildungsvereine als international bedeutende soziale Bewegung, im Sinne der Selbstorganisation unterdrückter Bildungsinteressen, einen hohen Stellenwert.

Archive:

Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn; unter:

DIE, Bonn: Nachlass Paul Röhrig, Findbuch, Online unter: http://www.die-bonn.de/Weiterbildung/Archive/Nachlaesse/archiv_nachlass_roehrig.pdf

Literatur:

Bollenbeck, Goerg (1976): Zur Theorie und Geschichte der frühen Arbeiterlebenserinnerungen. Kronberg/Ts

Dräger, Horst (1979): Arbeiterbildung; in: ders.: Volksbildung in Deutschland im 19.Jahrhundert. Band 1. Braunschweig, S. 363-369

Meyer-Wolters, Hartmut (1983): Aufgabe der freien Erwachsenenbildung Untersuchungen zur Rolle der Arbeiter(bildungs)frage in der Diskussion um das Selbst- und Aufgabenverhältnis der bundesdeutschen freien Erwachsenenbildung seit 1945. Paderborn

Olbrich, Josef (1977): Arbeiterbildung in der Weimarer Zeit. Braunschweig.

Internetquellen:

Definition Arbeiterbildung im Wörterbuch Erwachsenenbildung, Online, unter: http://www.wb-erwachsenenbildung.de/online-woerterbuch/?title=Arbeiterbildung&tx_buhutbedulexicon_main%5Bentry%5D=11&tx_buhutbedulexicon_main%5Baction%5D=show&tx_buhutbedulexicon_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&cHash=4931aea42fbc0f07e652cf2027a732f2

Beispiel eines Wiener Arbeiterbildungsvereins, Online unter: http://www.dasrotewien.at/arbeiterbildungsvereine.html

Definition „Arbeit und Leben“ in Wörterbuch Erwachsenenbildung, Online unter: http://www.wb-erwachsenenbildung.de/online-woerterbuch/?title=Arbeit%20und%20Leben&tx_buhutbedulexicon_main%5Bentry%5D=15&tx_buhutbedulexicon_main%5Baction%5D=show&tx_buhutbedulexicon_main%5Bcontroller%5D=Lexicon&cHash=f8f3b0314c38630070ed8b71053f3544

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Klaus Heuer