Heiner Lotze (1900–1958)
Kurzbiografie
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„L., geboren am 4.12.1900 in Leipzig, beginnt seinen Weg in der 'Neuen Schar', findet 1920 zur Heimvolkshochschule Dreißigacker und kommt über die Tätigkeit als Erziehungshelfer der Fürsorgeanstalt Steinmühle und über eine Nachschulzeit im Landerziehungsheim Haubinda (H. Lietz) zum Studium der Handelswissenschaften nach Frankfurt. Von der Persönlichkeit Eduard Weitschs beeindruckt, wird er 1926 Lehrer an der Heimvolkshochschule Sachsenburg und 1929 Leiter der Volkshochschule Jena, dort zugleich Geschäftsführer des Landesverbandes der Thüringischen Volkshochschulen. 1945 gründet er die Volkshochschule Hannover, die er bis 1950 leitet. Ebenfalls seit 1945 ist er Referent für Erwachsenenbildung im Niedersächsischen Kultusministerium und nimmt diese Aufgabe bis zu seinem Tode am 28.12.1958 wahr. Im November 1946 übernimmt er die Federführung im Fachausschuss der Erwachsenenbildung im Zonenerziehungsrat. 1947-1949 ist er der Herausgeber der Zeitschrift 'Freie Volksbildung' und 'Denkendes Volk' sowie der Schriftenreihe 'Bausteine der Volkshochschulen '.
L. hat versucht, den Geist der Erwachsenenbildung der Weimarer Epoche in der Zeit nach 1945 wieder zu beleben. Von der Jugendbewegung und dem Erlebnisreichtum der Heimvolkshochschule getragen, nahm er nach 1945 eine Schlüsselstellung ein, da er einerseits Initiator der Wiederbegründung der Volkshochschulen war, andererseits aus einem Ministerium heraus wirken konnte, an dessen Spitze mit Adolf Grimme ein Kenner und Befürworter der Erwachsenenbildung stand. L. war Autor der Programmschrift 'Geist und Gestalt der Volkshochschule' (1946). 'Geistige Wanderung', Frage nach dem Lebenssinn, der Selbstverständigung und der Selbstbesinnung waren für ihn die Orientierungsgesichtspunkte. Gedankliche Bewältigung der Welt wurde von ihm als das Eigentliche herausgestellt, hinter dem die Vermittlung handfester Kenntnisse zurücktrat. Methodisch folgte L. dem, was A. Mann und E. Weitsch mit ihrem Eintreten für die Arbeitsgemeinschaft und das Rundgespräch in den 20er Jahren intendiert hatten. Zugleich aber plädierte er für die Volkshochschule als eine 'öffentliche Schule', die hauptberuflich geleitet und kommunal unterstützt werden sollte. Bis zur Währungsreform ist L. auch über die Britische Zone hinaus durch Veröffentlichungen und Zeitschriften dafür eingetreten, der Erwachsenenbildung breite Resonanz zu verschaffen. Nach der Währungsreform konzentrierte sich seine Energie auf die Förderungspolitik in Niedersachsen. Hier zeigt er sich als der konsequenteste Verfechter des Heimvolkshochschulgedankens (Gründung der Goehrde schon 1945, die von Hustedt 1948). Auch die Gründung von 'Arbeit und Leben' als Arbeitsgemeinschaft von Volkshochschule und Gewerkschaftsbund steht im Zusammenhang seiner Politik; ferner geht auf sein Bemühen zurück, dass sich zuerst in Niedersachsen eine Landesarbeitsgemeinschaft für ländliche Erwachsenenbildung etabliert.
Schließlich bereitete er auch die Einrichtung eines Sekretariats für Seminarkurse an der Universität Göttingen als Keimzelle für die sehr viel späteren Kontakt- und Zentralstellen für wissenschaftliche Weiterbildung an den Hochschulen vor. Alle diese Aktivitäten verstand L. als Versuch, etwas von den Vorstellungen der 20-er Jahre über eine gesellschaftsbezogene Allgemeinbildung zu erhalten und weiterzuentwickeln. Das hinderte ihn nicht an einem realistischen Blick auf die Notwendigkeit konkreter Lebenshilfe, die nach 1948 das Angebot der Volkshochschulen bestimmte. Er hat sie im Rahmen des in den 50er Jahren finanziell Möglichen deutlicher gefördert, als es damals in den meisten Bundesländern geschah."
H. Tietgens, in: Günther Wolgast, Joachim H. Knoll (Hrsg.), Biographisches Handwörterbuch der Erwachsenenbildung, Stuttgart 1986, S. 245-246
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